Archive for the ‘iminform-text’ Category
Die Reitz-Chronik einer Zeitenwende: „Heimat 3“
(Dirk Schneider in Telepolis 15.12.2004)
Kann Film Heimat sein? Der Regisseur Edgar Reitz meint, „Ja“. Der dritte Teil seines facettenreichen Epos über Selbstbilder und Sehnsüchte der Deutschen scheint dies zu bezeugen und setzt sich wohltuend von dem aktuell grassierenden TV-Kitsch und geschichtsklitternden „Untergangs“-Filmen ab. Heimat 3 ist in sechs Teilen ab dem 15. Dezember jeweils um 20.15 Uhr in der ARD zu sehen.
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Buchbesprechung von Peter Hoff (Berlin)
Robin Detje: Castorf – Provokation aus Prinzip
Berlin (Henschel) 2002 (271 S., zahlr. Abb.)
Robin Detje, achtunddreißigjähriger ausgebildeter Clown und Schauspieler aus Lübeck, jahrelang schreib- und weltgewandter Theaterkritiker großer deutscher Blätter, glaubt in dem Ostberliner Theaterchaoten Frank Castorf eine wesensverwandte Seele gefunden zu haben. Er verfährt mit ihm wie einst Brechts Herr K. mit Menschen, an denen ihm etwas lag: Detje machte sich einen Entwurf von Castorf und trachtet auf zweihundertsiebzig Buchseiten danach, dass er ihm ähnlich werde. Der Castorf dem Entwurf. Wer Castorf und sein Theater nicht kennt, mag vielleicht das Original im Detje-Entwurf erkennen wollen. Für den, der auch nur einige wenige Inszenierungen des Berliner Volksbühnen-Chefs gesehen hat, wird die von Detje behauptete Ähnlichkeit fragwürdig finden.
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Entsorgung der Geschichte
Die faschistische Vergangenheit heute im deutschen Fernsehen
von Peter Hoff (Berlin)
Für mich – Jahrgang 1942 – existiert die faschistische Vergangenheit Deutschlands noch in wenigen verblassten Bildern und verrauschten Tönen; in der Erinnerung an die Geräusche von Bomberverbänden, die über unsere Stadt Magdeburg flogen, an die Detonationen der Bomben, die Enge im Luftschutzkeller und die Ermahnungen wohlmeinender Tanten, ein deutscher Junge weine nicht. Ich habe aus der Ferne meine Heimatstadt brennen sehen, und als wir im Mai 1945 aus der Evakuierung im Harz heimkamen, fuhren wir über Trümmer. An den Straßenrändern lagen verschmorte Leichen, kaum zugedeckt, und niemand machte sich die Mühe, das Kind von dem Anblick abzulenken, denn wo hätte es auch hinschauen sollen, um diesem Anblick zu entgehen! Es war dies das schreckliche Ende des Nazireiches. Schrecklich nicht nur für uns, die Unterlegenen. Uns blieben nur Ruinen. Ich baute als Kind mit meinen Bauklötzen keine Häuser, nein, nur Fassaden, hinter denen nichts mehr war, Mauern, die stehen geblieben waren, deren einstiges Inneres ausgebrannt und weggebrochen war.
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